VOLLFORMAT-MASTERCLASS: AF-STEUERUNG – SPIEGELLOS

Mittwoch, 11. November 2020

Wer als Nikon-Fotograf ins spiegellose Z-System wechselt, muss sich kaum umstellen – Ergonomie, Bedienungskonzept und Menüstruktur werden euch unmittelbar vertraut vorkommen. Der größte Unterschied – neben der Umstellung vom optischen auf einen elektronischen Sucher – betrifft die Autofokussteuerung. Hier erfahrt ihr alles, was ihr zu diesem Thema wissen müsst. (Für Nikon-DSLR-Fotografen: Hinweise zu euren Kameras findet ihr im Artikel »Vollformat-Masterclass: AF-Steuerung – DSLR«)

Ohne Spiegel kein AF-Modul?

Dass es in puncto Autofokus überhaupt einen Unterschied gibt zwischen den Vollformatkameras der Nikon-Z-Serie (aktuell Nikon Z 5, Z 6, Z 6II, Z 7 und Z 7II) einerseits und DSLRs andererseits, hängt direkt damit zusammen, dass spiegellose Kameras eben keinen Spiegel haben. Diesen nutzen DSLRs nämlich zum Umlenken eines Teils des Lichts auf ein spezielles AF-Modul. Spiegellose Kameras hingegen müssen die Schärfe mit dem Bildsensor bestimmen – und die Nikon-Z-Modelle machen das ganz ausgezeichnet.

Ein großer Vorteil der Nikon-Z-Modelle ist: Sie unterscheiden, anders als DSLRs, nicht zwischen Sucher- und Live-View-Fotografie. Egal, ob ihr den Sucher ans Auge nehmt oder den Monitor zur Bestimmung eures Bildausschnitts nutzt: In beiden Fällen habt ihr Zugriff auf dieselben Autofokus-Funktionen.

Das Okular des elektronischen Suchers ist ein optisches Meisterwerk für sich und bietet absolut klare Sicht aufs Motiv.

Dieser Screenshot zeigt die Auswahl des AF-Modus über das i-Menü. Noch schneller geht es, wenn ihr die Funktionstaste Fn2 und gleichzeitig das hintere Einstellrad drückt.

Hybrid-AF

Nikon-Z-Kameras haben einen Hybrid-Autofokus, was bedeutet, dass zwei Messverfahren Hand in Hand arbeiten. Der Phasenerkennungs-Autofokus ist für eine schnelle Motiverfassung und ein sicheres Tracking bewegter Motive da. Der Kontrasterkennungs-AF sorgt für eine hohe Präzision und gute Leistung auch bei schwächerem Licht. Ihr braucht hierbei nichts umzuschalten. Die Kamera nutzt je nach Situation die passende Technik oder beide parallel.

Der AF-Modus

Mit dem AF-Modus passt ihr die Kamera primär daran an, ob sich euer Motiv bewegt oder nicht. Für statische Motive eignet sich der Einzelautofokus AF-S, für alles andere der kontinuierliche Autofokus AF-C.

Mit AF-S fokussiert die Kamera einmalig, bis sie die Schärfe findet und hält sie dann. Mit AF-C fokussiert die Kamera ständig nach, auch wenn sich die Entfernung zum Motiv ändert.

Die AF-Messfeldsteuerung

Wesentlich ist natürlich nicht nur, ob irgendetwas im Bild scharf ist, sondern ob es genau das Motivdetail ist, das auch scharf sein soll. Dafür ist die AF-Messfeldsteuerung zuständig. Mit ihr steuert ihr, wohin im Bildfeld eure Nikon Z fokussieren soll und wie sie die Schärfe nachführt, wenn sich euer Motiv durchs Bildfeld bewegt. Dieser Punkt ist der mit den größten Abweichungen gegenüber DSLRs. Aber wenn ihr Nikon-DSLRs kennt, werdet ihr auch hier hauptsächlich Gemeinsamkeiten finden.

Einzelfeldsteuerung
Genau ein einzelnes Feld wird vom Fotografen ausgewählt und alle anderen Felder werden von der Kamera ignoriert. Dies ist ideal für eine genaue Positionierung der Schärfe bei statischen Motiven, z. B. Architekturaufnahmen.

Großes Messfeld (groß/klein)
Mit diesen Modi aktiviert ihr die AF-Messfelder in einem größeren Bereich des Bildfelds (mit »Wide-L« noch etwas größer als mit »Wide-S«). So steuert ihr die Lage der Schärfe etwas gröber, aber die Kamera kann unter Umständen die Schärfe schneller erfassen als mit der Einzelfeldsteuerung.

Automatische Messfeldsteuerung
Auch wenn es eine gleichnamige Funktion bei Nikon-DSLRs gibt – sie ist bei den Z-Kameras noch etwas ausgefuchster. Auch für Fotografen, die früh eine Nikon Z 6 oder Z 7 ergattert haben, lohnt sich ein genauer Blick. Ab Firmware-Version 3.0 sind bei dieser Funktion ein paar spannende neue Details ergänzt worden. Bei der Z 5 sowie bei der Z 6II und Z 7II stehen diese Funktionen direkt ab Erstauslieferung zur Verfügung. Die Automatische Messfeldsteuerung tut das, was ihr Name verspricht. Sie analysiert das Motiv und platziert den Fokus automatisch auf das Motivelement, das wahrscheinlich das wichtigste ist. Dabei greift eure Nikon standardmäßig auf eine Gesichts- und Augenerkennung zurück – perfekt für Porträts.

Ebenfalls neu ist ein Detail des Verhaltens dieser Funktion in Kombination mit AF-C. Die Kamera verfolgt nun (nach wie vor) ein Motiv, solange die AF-ON-Taste oder der Auslöser gedrückt wird. Nach dem Loslassen springt das AF-Messfeld aber an die alte Position zurück – so verhält sich eure Nikon Z ganz ähnlich wie Nikon-DSLRs im Modus 3D-Tracking (siehe »Vollformat-Masterclass: AF-Steuerung – DSLR«).

Mit Firmware 2.0 hatten wir eurer Nikon Z 6 oder Z 7 bereits den Augen-AF beigebracht. Ab Version 3.0 funktioniert der auch bei der Tierfotografie.

Der Nadelspitzen-AF ermöglicht hier das äußert präzise Fokussieren genau auf den Blütenstempel. Das normale Einzelfeld wäre hier wahrscheinlich schon zu grob.

Nadelspitzen-AF
Dieser Modus engt das AF-Messfeld noch feiner ein als die Option »Einzelfeld«. So könnt ihr einerseits die Schärfeposition noch deutlich feiner kontrollieren – andererseits braucht die Kamera in diesem Modus etwas länger zum Scharfstellen. Deshalb eignet sie sich nur für statische Motive und kann auch nur in Kombination mit AF-S ausgewählt werden.

Dynamische Messfeldsteuerung
Diesen Modus kennt ihr vielleicht von eurer Nikon-DSLR. Ein primäres Messfeld erfasst euer Motiv. Wenn sich dieses aus dem Messfeld heraus bewegt, nutzt die Kamera die umliegenden Felder, um die Schärfe nachzuführen. Diese Funktion eignet sich gut für Action-Aufnahmen, bei denen ihr im Vorfeld planen könnt, wo im Bildfeld sich die Action abspielt – beispielsweise bei einem Aufschlag beim Tennis.

Autofokus und Video

Dass die Kameras der Nikon-Z-Serie mit ihrem Bildsensor fokussieren, spielt nicht nur beim Fotografieren eine Rolle, sondern noch mehr beim Filmen. Hier punkten unsere Spiegellosen gleich doppelt gegenüber DSLRs – sie bieten alle Fokusoptionen auch während einer Filmaufnahme (ausgenommen Augen-AF) und die Z-NIKKORe haben ein deutlich reduziertes »Focus Breathing«, das Fokussieren läuft also sehr viel sanfter und ohne störendes »Pumpen« ab.

Sonderfall Nikon D780

Man könnte meinen, als DSLR hat diese Kamera in diesem Artikel nichts verloren. Aber im Live-View Modus verwandelt sich die Nikon D780 quasi in eine Spiegellose. Sie bietet dann dieselben oben beschriebenen Optionen für die Fokussteuerung wie die Kameras der Z-Reihe. Falls ihr also bei eurer Entscheidung zwischen Spiegellos oder DSLR noch schwankt – mit der D780 bekommt ihr das Beste aus beiden Welten.

Ist euch aufgefallen, dass dies keine Spiegellose ist? Nein, die Bildauswahl ist Absicht (siehe: Sonderfall Nikon D780).

VERWANDTE ARTIKEL

DIE NIKON Z 5 ÜBERZEUGT IN DEN TESTS

VOLLFORMAT-MASTERCLASS: RAW-FOTOGRAFIE

VOLLFORMAT-MASTERCLASS: AF-STEUERUNG – DSLR

NEUE ARTIKEL

DIE BESTEN FOTO-REISE-TIPPS AUS DER NIKON COMMUNITY

DIE NIKON Z FC BEGEISTERT DIE FACHPRESSE

DER SPORTFOTOGRAF MATTHIAS HANGST ÜBER DAS GESPANN NIKON Z 9 PLUS NIKKOR Z 400 MM 1:2,8 TC VR S