Kristof Göttling ist leidenschaftlicher Fotograf und Coach für Bildbearbeitung. Wir haben mit ihm über die richtige Bildbearbeitung, seine Kamera Nikon Z 7 und wie alles zusammen in stimmungsvollen Aufnahmen mündet, gesprochen.

Kristof, du hast deine berufliche Karriere als Mediengestalter begonnen, inzwischen arbeitest du als Trainer und Fotograf. Wie bist du zur Fotografie gekommen?

Anfänglich – mittlerweile hat sich das geändert – hat mich die Fotografie selbst, ehrlich gesagt, gar nicht so sehr interessiert, sie war für mich vor allem ein Mittel zum Zweck: Es ging mir darum, gutes Ausgangsmaterial für meine wahre Leidenschaft zu schaffen: die Bildbearbeitung. Ich wollte, und will bis heute, das Beste aus meinen Bildern herausholen – und greife dazu mal mehr, mal weniger tief in die Bildbearbeitungs-Trickkiste.

Das Erstaunliche ist: Man sieht deinen Bildern die Bildoptimierung nicht an, sie wirken sehr natürlich …

Vielen Dank! Genau darum geht es mir: Ich will Bilder mit Aura erzeugen. Bilder, an denen der Blick verweilt, die einen Augenblick oder eine Landschaft in idealtypischer Weise zeigen und damit Emotionen auslösen. Gleichzeitig ist es mein Ziel, meine Bilder möglichst natürlich wirken zu lassen, so als wären sie nicht bearbeitet. Tatsächlich verändere ich die Aufnahmen aber zum Teil beträchtlich.

Warum sind derart profunde Eingriffe aus deiner Sicht überhaupt erforderlich?

Kristof Göttling

Erforderlich würde ich nicht unbedingt sagen, aber wer sich intensiv mit Landschaftsfotografie beschäftigt, weiß: Den perfekten Augenblick, der, in dem alles stimmt – der Himmel, die Wolkenbildung, die Akzentuierung durch das natürliche Licht – den gibt es, aber man muss Tage oder gar Wochen warten, bis er da ist. Wenn man diese Zeit nicht hat, trotzdem aber mit einem tollen Bild nach Hause fahren möchte, bleibt als einzige Option, dem Glück des Augenblicks ein wenig auf die Sprünge zu helfen.

Cape Reinga, Neuseeland

Wie müssen wir uns diese „Zufallsbeschleunigung“, also deine Bildbearbeitung, konkret vorstellen?

Ich zaubere beispielsweise Nebel in eine Landschaft, montiere Vögel hinein, „knipse“ die Scheinwerfer eines vorbeifahrenden Autos an oder lenke Sonnenstrahlen spotartig auf gewisse Bildpartien, um eine bestimmte Stimmung zu erzeugen. Meistens ist es die veränderte Lichtstimmung, die ein Bild dann zu etwas Besonderem macht.

Das klingt aufwendig. Wie viel Zeit braucht eine solche Bildbearbeitung?

Inzwischen bin ich ziemlich routiniert, bei vielen Bildern brauche ich nur eine Minute oder weniger, in andere stecke ich auch schon mal eine halbe Stunde, wenn die Leidenschaft mit mir durchgeht.

Du bietest auch Bildbearbeitungs-Workshops, Einzelcoachings und Fotoreisen an …

Richtig, das ist im Wesentlichen mein Businessmodell. Aber es ist mehr als das. Ich bin Autodidakt sowohl was die Fotografie als auch die Bildbearbeitung angeht, und ich habe damals sehr viel von Tutorials anderer gelernt. Jetzt macht es mir großen Spaß, mein Wissen an andere weiterzugeben.

Arbeitest du eher mit Lightroom oder Photoshop?

Lightroom ist ein sehr potentes Programm, wenn es darum geht, RAW-Aufnahmen zu entwickeln und zu perfektionieren – und eins, das sich sehr intuitiv bedienen lässt. Tatsächlich nutze ich Photoshop inzwischen nur noch seltener – etwa für Composings und Retuschen.

Angesichts der Möglichkeiten, die solche Programme bieten: Welche Rolle spielt da das Kamerasystem?

Eine alles entscheidende: Wenn das Rohmaterial nicht stimmt, hast du keine Chance. Tatsächlich versuche ich, so viel wie möglich bereits in der Kamera zu realisieren.

In deinem Fall ist das die Nikon Z 7. Warum hast du dich für dieses Kamerasystem entschieden?

Aus einer Vielzahl von Gründen. Da ist zunächst die Tatsache, dass es sich um ein spiegelloses System handelt. Eine DSLM wie die Nikon Z 7 bringt nun mal deutlich weniger Gewicht auf die Waage als die DSLR-Systeme, mit denen ich in der Vergangenheit gearbeitet habe. Da ist zum zweiten der großartige Sucher: Mit seinen 3,69 Millionen Bildpunkten Auflösung lässt er im Vergleich zu optischen Suchern nichts zu wünschen übrig. Die Bildkontrolle ist – wenn man auch noch ein Histogramm mit einblendet – perfekt. Zudem bietet er die Möglichkeit, jede Parameterveränderung in Echtzeit zu verfolgen. Diesen „What You See Is What You Get“-Effekt des elektronischen Suchers kann man gerade in der Landschaftsfotografie, in der man ja oft bei schnell wechselnden Lichtverhältnissen – etwa in der blauen oder goldenen Stunde – arbeitet, nicht hoch genug einschätzen. Natürlich spielt auch die hohe Auflösung der Nikon Z 7 eine Rolle. Dadurch bin ich sicher, dass ich genug Reserven zum Croppen habe, denn in der Natur- und gerade in der Wildlife-Fotografie kommst du deinem Motiv ja nicht immer so nah, wie du das gerne möchtest. Außerdem lassen sich die Bilder so bei Bedarf problemlos als 2 x 3 Meter große Prints ausgeben. Was mindestens genauso wichtig ist: Die Z 7 liefert einen überragenden Dynamikumfang von bis zu 14 Blendenstufen. Das bedeutet: Aus den RAW-Dateien lässt sich unglaublich viel herauskitzeln – auch und gerade unter schwierigen Lichtbedingungen.

Apropos: Wie bewertest du die Low-Light-Eigenschaften der Kamera?

Die High-ISO-Performance der Z 7 ist trotz ihrer 45-Megapixel-Auflösung sehr gut. Viele Landschaftsfotografen fotografieren ausschließlich vom Stativ aus. Meine Arbeitsweise ist anders: Ich versuche immer, so viele unterschiedliche Motive wie nur möglich von ein und derselben Location „mitzunehmen“. Heißt: Ich experimentiere mit unterschiedlichsten Perspektiven und agiere sehr dynamisch vor Ort. Das geht nur, wenn man überwiegend aus der Hand fotografieren kann. Wenn man bedenkenlos mit ISO 1.000, 1.600 oder sogar 3.200 fotografieren kann, ohne dass das Bildrauschen eine größere Rolle spielt, ist das für mich ein entscheidender Faktor mit Blick auf das ultimative Bild.

Mit welchen Objektiven fotografierst du?

Mein absoluter Favorit ist das NIKKOR Z 35 mm 1:1, 8 S, weil es einen sehr natürlichen Blickwinkel hat, der dem des menschlichen Blicks nahekommt und weil es extrem scharf abbildet. Hinzu kommen die sehr kompakten Abmessungen und das geringe Gewicht. Ähnliches gilt für das NIKKOR Z 14–30 mm 1:4 S, das genauso kompakt und leicht ist. Viele meiner Aufnahmen habe ich aber auch mit dem NIKKOR Z 24-70 mm 1:4 S gemacht. Von diesem Objektiv war ich extrem begeistert, weil es sehr klein und leicht ist für ein Objektiv seines Typs und trotzdem eine super Abbildung hat. Für Wildlife-Aufnahmen nutze ich hingegen das AF-S NIKKOR 70-200 mm 1:2,8E FL ED VR in Kombination mit dem Bajonett-Adapter FTZ und öfter auch mit dem Zweifach-Telekonverter AF-S TC-20E III. Mit 400 mm Brennweite kommt man doch sehr nah an die Tiere heran. Bei derart langen Brennweiten spielt natürlich auch eine effektive Bildstabilisierung eine zentrale Rolle.

Kannst du ein Beispiel aus der Praxis geben?

Als wir im Frühjahr drei Wochen in Neuseeland waren, hatten wir das Glück, Pinguine zu sehen. Wegen einer Absperrung konnten wir allerdings nicht wirklich nah ran. Das respektieren solcher Grenzen ist mir gerade bei Wildtieren extrem wichtig, daher musste ich mit einer langen Brennweite arbeiten. Schon beim Fotografieren mit 400 mm Brennweite hat mich der 5-Achsen-Bildstabilisator beeindruckt. Vollends überzeugt hat er mich allerdings im Videomodus – das Sucherbild war aus der Hand über mehrere Sekunden absolut stabil.

Du warst gemeinsam mit einem befreundeten Multivisions-Künstler in Neuseeland. Wie war’s?

Genial. Wir waren insgesamt fast 2 Monate unterwegs – ich mit der Nikon Z 7, mein Freund mit mehreren Filmkameras. Wir haben fantastische Aufnahmen machen können, ich habe nicht weniger als 9.000 Bilder mit nach Hause gebracht, die ich jetzt nach und nach bearbeite. Dazu gehören auch die, wie ich finde, magischen Aufnahme von den „Moeraki Boulders“, den kugelrunden Steinen, die es nur in Neuseeland gibt. Die Aufnahmen sind zum Sonnenuntergang entstanden, teilweise auch danach – wir haben uns ausgetobt wie kleine Kinder auf einem Spielplatz.

White Island, Neuseeland

Vulkan Yasur, Südseeinsel Vanuatu

Moeraki Boulders, Neuseeland

Abschließend: Wie viel wiegt dein Fotorucksack?

Da kommt doch einiges zusammen. Mit drei bis vier Objektiven, einer Drohne, Ersatzakkus, Filtern, Stativen, Regenjacke und Proviant bringt mein Rucksack schon um die 20 Kilogramm auf die Waage. Dafür reise ich normalerweise nur mit einem Z 7-Body, die Kamera hat mich noch nie im Stich gelassen. Den absoluten Härtetest hat sie bestanden, als wir im Anschluss an die Neuseelandreise auf der Südseeinsel Vanuatu einen aktiven Vulkan fotografiert haben, der im Minutentakt Lava spuckt. Wir standen am Vulkanrand und blickten in den Lavaherd, als auf einmal der Wind drehte und uns die Schwefeldämpfe und die Asche ins Gesicht wehte. Kein angenehmes Gefühl, aber wir sind trotzdem dageblieben. Der Moment dort oben war einfach perfekt! Bald war die Kamera komplett eingeascht und hat durch die Explosionen auch den ein oder anderen Kiesel abbekommen, aber weil sie spritzwasser- und staubgeschützt ist, hat sie keinerlei Schaden genommen.

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