Hallo André, wir haben dich und deine Arbeit an dieser Stelle schon einmal vorgestellt, diesmal soll es vor allem um deine Japan-Reise gehen. Warum bist du dorthin?

Ich habe als Fotograf schon den größten Teil Asiens bereist – bis auf Japan. Ich wollte das Land schon lange kennenlernen. Im März dieses Jahres hat es endlich geklappt.

Was hat dich am meisten beeindruckt?

Das Essen fand ich großartig. Fotografisch gesehen: Die Weite und die Verschiedenheit der Landschaften, aber auch in den Städten und Dörfern gab es viele tolle Motive.

Wo wart ihr unterwegs?

Wir sind zunächst nach Hokkaidō, auf die nördliche Insel, geflogen und haben uns ab da mit dem Auto bewegt – viele tausend Kilometer, bei Linksverkehr wohlgemerkt. Auf der Hauptinsel waren wir unter anderem in Tokio, Osaka und in Kyoto aber auch in abgelegenen, traditionellen Bergdörfern.

Wenn man deine Bilder betrachtet, ahnt man, wie viel Zeit du in die besondere Perspektive und den optimalen Zeitpunkt investierst. Beispielsweise bei dem Bild von dem Tempel, an dessen Turm eine Gruppe Kraniche vorbeizieht. Wie lange hast du da gestanden, bis es soweit war?

Mehrere Stunden. Das gilt auch für viele andere Aufnahmen, etwa die der beiden Frauen, die in Geisha-Kleidung über die Straße laufen. Bis man so einen Shot im Kasten hat, ohne störende Bildelemente, vergeht manchmal eine halbe Ewigkeit. Das kann schon mal an den Nerven zerren. Übrigens auch an denen meiner Frau, die mitgereist ist und teilweise als Model fungiert hat. Sie ist auf meinem Lieblingsbild der Reise zu sehen.

Welches Bild ist das?

Das, wo sie einem Reh auf der Mitte eines Zebrastreifens begegnet.

Wirklich ein toller Shot. Wie ist der entstanden?

Wir sind zu diesem Ort gefahren, weil wir wussten, dass es da Rehe gibt, die zutraulich sind. Aber um diesen besonderen Augenblick einzufangen, brauchte es trotzdem viel Erfahrung, Geduld, Reaktionsschnelle – und auch ein wenig Glück.

Du hast auch viele Nachtaufnahmen mitgebracht. Hast du die vom Stativ aus gemacht?

Nein, die Streetphotography-Aufnahmen sind eigentlich alle aus der Hand entstanden.

Auch dieses stimmungsvolle Bild, auf dem ein Paar bei Nacht an einem Geschäft vorbeischlendert?

Ja, was man im Hintergrund sieht, ist einer dieser für Japan so typischen „Ramen-Läden“, in denen es diese fantastischen japanischen Nudelgerichte gibt, in denen wir oft waren. Mir ging es darum, diese nächtlichen Vibes einzufangen. Dieser Shot ist tatsächlich spontan aus der Hand entstanden, das ist mit der Nikon Z 7 gut machbar – High-ISO-Aufnahmen zählen wirklich zu ihren Stärken.

Einige deiner Aufnahmen sind im Schnee entstanden – im März …

Schnee ist in Hokkaidō nichts Ungewöhnliches um diese Jahreszeit. Als wir da waren, lag er drei Meter hoch – das ist eher untypisch wenig. Einheimische berichteten von normalerweise bis zu 8 Meter hohen Schneewänden. Der Schnee war auch eines der Dinge, die mich ich in Japan fasziniert haben, die Konsistenz ist einfach unglaublich. Seit ich laufen kann, stehe ich auf Skiern oder dem Snowboard, aber so weichen Schnee hatte ich noch nie unter den Brettern.

Wie lange warst du insgesamt vor Ort?

15 Tage.

Klingt nach einem straffen Programm, angesichts der Vielfalt der Shots, die du mitgebracht hast ...

Das war auch so, nicht nur wegen der weiten Wege, sondern natürlich auch, weil das Licht und das Wetter nicht immer so mitspielen, wie man sich das wünscht. Vor allem, wenn man den Anspruch hat, Topshots zu machen.

Die Aufnahme wirkt einerseits knackig scharf und im Detail durchzeichnet, zugleich strahlt sie aber auch eine gewisse Weichheit und Verträumtheit aus. Wie hast du das erreicht?

Die Grundstimmung ist während der Aufnahme entstanden, der finale Look dann in der Postproduktion in Lightroom. Ich habe mir über die Jahre Presets erarbeitet, die ich dann je nach Motiv noch finetune.

Früher hast du mit der Nikon D850 gearbeitet. Warum bist du ins spiegellose Lager gewechselt?

Das war eher Zufall. Ich mochte die D850 wirklich sehr – ein echtes Arbeitstier. Als sie mir gestohlen wurde, hat Nikon mir als Ambassador leihweise eine Z 7 zur Verfügung gestellt. Anfangs hatte ich Vorbehalte, die haben sich dann aber ziemlich schnell zerstreut. Inzwischen bin ich von der Kamera wirklich begeistert – von der Bildqualität, von den kompakten Abmessungen und dem Handling. Hinzu kommt, dass man im Sucher sieht, wie das Bild aussehen wird. Dieser „What You See Is What You Get“-Faktor gibt zusätzliche Sicherheit.

Welche Objektive hast du eingesetzt?

Ich hatte ein NIKKOR Z 50 mm 1:1, 8 S, das Ultraweitwinkelzoom NIKKOR Z 14-30 mm 1:4 S und das NIKKOR Z 24-70 mm 1:2,8 S dabei, außerdem ein AF-S NIKKOR 70-200 mm 1:2,8G ED VR II, das ich mit dem FTZ-Adapter genutzt habe. Das mit dem Adapter funktioniert wirklich sehr gut.

Wie schwer war der Fotorucksack, den du dabei hattest?

Ich weiß nicht genau, sehr schwer jedenfalls, denn neben Kamera und Objektiven schleppe ich ja auch immer Stativ, Laptop und eine Drohne mit. Ich tippe mal, dass ich locker auf 20 Kilogramm Gewicht komme.

Du bist als Autodidakt gestartet, arbeitest teilweise als Influencer, fotografierst aber auch für regionale Tourismus-Behörden und große Unternehmen wie Fiat, Porsche, oder Yamaha. Wie lautet dein Erfolgsgeheimnis?

Es gibt kein wirkliches Geheimnis, all das hat sich über die Jahre entwickelt. Ich glaube, der Erfolg hat viel mit Beständigkeit zu tun. Man muss über eine lange Strecke auf hohem Niveau präsent sein. Ich nehme kaum Auszeiten, arbeite fast immer, auch am Wochenende.

Das sieht man den Bildern – zum Glück – nicht an, sie haben eher etwas Leichtes, Selbstverständliches ...

Danke. Die Bilder mögen den Eindruck erwecken, dass ich einen Traumjob habe, und ich bin ja wirklich glücklich, mit dem, was ich tue. Was man aber manchmal vergisst, ist, dass hinter diesen Bildern zu 90 % Arbeit steckt. Ich nehme, wenn ich unterwegs bin, wirklich jeden Sonnenaufgang und -untergang mit und verzichte auch schon mal zwei Tage auf Schlaf. Nur so kommt man zu den entsprechenden Ergebnissen – und Rückmeldungen.

Inzwischen hast du 143.000 Follower auf Instagram. Wie schafft man das?

Angefangen habe ich mit Aufnahmen von außergewöhnlichen Trekking-Touren, beispielsweise mit einer Watzmann-Überschreitung – ich komme ja ursprünglich aus dem Leistungssportbereich. Fotografie mit den Erlebnissen draußen zu verbinden, das ist es, was mich reizt. Ich habe meine Bilder hochgeladen und ab ca. 2016 fotografisch Vollgas gegeben. Dass ich eine derart große Follower-Base aufbauen konnte, liegt auch daran, dass ich sehr früh Orte und Touren in einer Weise fotografiert habe, die andere so eben noch nicht fotografiert hatten.

Ist das wirklich so entscheidend für den Erfolg auf Instagram: Dass man als Erster eine Location in einer gewissen Weise ablichtet?

Ja, das ist unter anderem tatsächlich so. Ein Beispiel: Ich habe irgendwann ein Foto vom Eibsee gemacht – eigentlich schon ein totfotografiertes Motiv. Ich habe gezeigt, wie ich mit ein paar Freunden von einem Seil aus in den See springe. Das Bild ist eher nebenbei entstanden, eigentlich wollten wir in einer Pause einfach nur kurz schwimmen gehen. Das Bild hat trotzdem einen unglaublichen Hype ausgelöst. Inzwischen gibt es aberdutzende Nachahmer, die dieses Lianen-Motiv nachvollzogen haben.

Wie viele Stunden am Tag bist du auf Instagram unterwegs?

Etwa dreieinhalb bis vier Stunden – aber nicht nur mit Blick auf meine eigenen Bilder oder meine Arbeit als Influencer, als der ich mich im Übrigen immer weniger sehe. Ich nutze Instagram auch als Inspirationsquelle – in dieser Hinsicht ist das wirklich nach wie vor eine tolle Plattform.

Wie wichtig ist Instagram für dich mit Blick auf das Eigenmarketing?

In der Vergangenheit sehr wichtig, inzwischen immer weniger, weil die meisten Aufträge heute von Bestandskunden oder über Empfehlungen kommen.

Woran liegt das deiner Ansicht nach?

Aus den Rückmeldungen meiner Kunden zu schließen, daran, dass mein Bild-Look gefragt ist und daran, dass ich nicht nur gut, sondern auch schnell und zu 100 % zuverlässig arbeite – sowohl was die Bildproduktion als auch die Kommunikation insgesamt angeht.

Welcher Job steht gerade an?

Ich fahre in die italienischen Dolomiten und produziere Bilder für eine Kampagne rund um den neuen Ford Transit Custom Nugget.

Deine freien Arbeiten, darunter auch deine Japan-Motive, vermarktest du auch als Prints über den Print-Dienstleister Photocircle – zu Preisen ab knapp gerade einmal 15 Euro. Was steckt dahinter?

Bei dieser Aktion geht es nicht primär darum, Geld zu verdienen, vielmehr hat sich Photocircle auf die Fahne geschrieben, einen Teil der Einnahmen in ein Aufforstungsprojekt in Äthiopien zu stecken. Seit Oktober 2019 bis Anfang Juli sind mehr als 52.000 Bäume gepflanzt worden, bis Ende des Jahres sollen es 200.000 werden.

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