UNTERWASSERFOTOGRAFIE MIT DER NIKON D850

Montag, 17. August 2020

Gerald Nowak ist professioneller Fotograf und spezialisiert auf Unterwasseraufnahmen. Bei uns erfahrt ihr, wie es ihm gelang, seine beiden Hobbys zu einem Beruf zu machen und wie perfekte Aufnahmen auch unter der Wasseroberfläche gelingen.

Gerald, was steht gerade auf dem Plan, worauf konzentrierst du dich momentan?

Zuletzt war ich in Palau, einem Inselstaat im Pazifischen Ozean. Dort habe ich sogenannte Snapper Spawnings fotografiert. Ein Naturphänomen, bei dem viele Tausend Schnapper-Fische zugleich laichen, wir nennen das auch Hochzeit. Daraus entstanden dann Geschichten, die in verschiedenen Tauchmagazinen veröffentlicht wurden. Aufgrund der Besonderheit, so viele Tiere im freien und offenen Meer zu beobachten, wurde ich auch von Reisemagazinen angesprochen, die Interesse an dieser Arbeit zeigten.

Wie genau bist du Unterwasserfotograf geworden?

Gerald Nowak mit seinem Unterwasser-Equipment

Mit der Fotografie habe ich schon in meiner Jugend angefangen. Damals noch bei einem Fotografen in der Nachbarschaft. Dort war ich sozusagen der Kabelträger. Als ich dann zwischenzeitlich als Flugbegleiter unterwegs war, gab mir das die Möglichkeit, an einige der schönsten Tauchziele der Welt zu gelangen. Damals war Tauchen noch ein lockeres Hobby für mich, ich hatte aber auch schon eine kleine wasserdichte Nikon dabei. Die war auf drei Meter Tiefe ausgelegt, hat aber schon 17 Meter ausgehalten, in 18 Metern habe ich sie dann zerstört.

Wie ging es dann weiter?

Durch meine Kontakte zur Reisebranche war ich im Anschluss als Scout für einen Reiseveranstalter unterwegs und sollte auch Unterwasserfotos organisieren. Über die Jahre hinweg sind die Fotografie und die Taucherei schließlich zusammengewachsen, auch dank eines Mentors, den ich damals hatte. Während dieser Zeit traf ich meine Frau. In dieser Zeit war ich mit ihr zusammen viel unterwegs, bis schließlich unsere Tochter zur Welt kam.

D850 | 1/250s | f/8 | ISO 800

Das hört sich an, als wärst du unter normalen Umständen den Großteil des Jahres unterwegs. Wie sieht dein Alltag  normalerweise aus – lebst du eigentlich in der Karibik?

Mein Alltag ist stark geprägt vom Reisen. Etwa sechs bis sieben Monate im Jahr bin ich normalerweise unterwegs. So häufig wie möglich mit meiner Frau, die als Journalistin gemeinsam mit mir arbeitet. Da viele Tauchorte, wie beispielsweise die Karibik, touristisch schon sehr überlaufen sind, suche ich ständig nach neuen Tauchmöglichkeiten. Gern bereise ich übrigens auch Kaltwasserziele, um unter Eis zu tauchen: das weiße Meer, die Arktis oder Antarktis zum Beispiel. Ziele, wo das Wasser wirklich kalt ist – da ist dann wenig los. Oder ich suche Orte, die für Touristen nicht so attraktiv sind. Meine letzte Reise nach Mauritius war daher etwas Besonderes, weil das eigentlich gar kein Taucherparadies ist – da schwimmen vielleicht zehn Leute rum. Trotzdem hatten wir großes Glück und haben dort eine Zusammenkunft von Walen fotografieren können.

Habt ihr das geplant? Wie kann man sich eine solche Zusammenkunft vorstellen?

Eine Tauchtour mit dem Ziel, Wale zu entdecken war bereits im Vorfeld geplant, aber auch eher spontan. Es gab ursprünglich ein sogenanntes Freediver-Event eines Veranstalters für Tauchreisen, um die dortige Tauchbasis bekannter zu machen. Dafür wurden zwei namhafte Apnoe-Taucher eingeladen. Ich sollte eigentlich dieses Event fotografieren, dann wurde mir aber von Pottwalen in der Nähe erzählt. Also fuhren wir einige Tage zuvor mit unserer Ausrüstung raus. Die Hoffnung war, einige dieser wundervollen Tiere zu finden.

D850 | 1/250s | f/8 | ISO 100

Hattet ihr im Vorfeld auch Bedenken?

Ich schwimme schon länger mit Walen, auch mit Pottwalen bei den Azoren. Diese Wale werden sehr häufig von Touristen besucht, was sie scheu macht. Whale Watching ist purer Stress für sie. Bedeutet, wenn wir dort fotografieren möchten, haben die Wale tatsächlich Angst und schwimmen weg. Mit dieser Erwartung bin ich nach Mauritius gekommen – es lief aber dann ganz anders.

Was ist denn passiert?

Tatsächlich kam schon bei unserer ersten Tour ein Pottwal schräg auf unser Boot zu. Als wir das große Säugetier sahen, ist unsere kleine Gruppe zusammen mit einem speziellen Wal-Guide zunächst leise bis auf etwa fünfzig Meter an das Tier herangefahren. Zu meinem Erstaunen ist der Wal nicht abgetaucht, als meine Tauchgruppe sich ihm langsam näherte. Ganz im Gegenteil: Das Tier ist völlig ruhig an Ort und Stelle verblieben und schien sich nicht von uns gestört zu fühlen.

Wir haben schon deine Bilder gesehen, auf denen mehrere Wale senkrecht im Wasser stehen. Wie kam es dazu?

In den nächsten Tagen hatten wir noch weitere Wal-Begegnungen, die genau auf die gleiche Art und Weise abgelaufen sind. Die Wale dort scheinen praktisch keine schlechten Erfahrungen mit Menschen gemacht zu haben und verharrten einfach immer an Ort und Stelle. Das echte Highlight war dann eine besondere Situation, die sich einige Zeit später ereignete. Dazu muss ich sagen, dass du als Schnorchler nur wenige Minuten mithalten kannst, wenn eine Walgruppe, an der du dran bist, weiterzieht. Also kommst du nicht drumherum, immer wieder mit einem Boot vor zu fahren, um wieder zu den Tieren aufzuschließen. Auf diese Weise haben wir eine Zeit lang einige Wale verfolgt. Als wir dann – einmal mehr – zurück im Wasser waren, kamen plötzlich drei der Tiere genau auf unsere Tauchposition zu und sind stehen geblieben. Wie bei einem Ratstreffen von Familienmitgliedern. Im nächsten Augenblick war ich live dabei: Plötzlich sah ich mehrere ruhende Pottwale, die mit offenen Augen senkrecht im Wasser standen. Manche mit dem Kopf zur Wasseroberfläche geneigt, andere wiederum in die Tiefe blickend. Allen war eins gemein: völlige Regungslosigkeit. Ein faszinierendes Naturschauspiel, das ich miterleben und fotografieren durfte. Einfach ein Wahnsinnserlebnis, das den Körper in einen völligen Adrenalinrausch versetzt. Im Laufe der Zeit sind immer mehr Wale dazu gekommen und fingen an, miteinander zu kommunizieren, indem die Tiere ihre Köpfe zusammengesteckten. Das ist das Highlight, auf das jeder Naturfotograf wartet – absolut unplanbar und wunderschön.

D850 | 1/125s | f/5.6 | ISO 100

Bedarf es einer besonderen Vorbereitung, wenn du Meerestiere fotografieren willst?

Solch ein Vorhaben muss sehr gut vorbereitet werden, da du dafür natürlich eine Genehmigung brauchst. Das einzige Land, in dem das Tauchen mit Walen noch nicht genehmigungspflichtig ist, ist Tonga. Um aber in Mauritius fotografieren zu dürfen, braucht es sogar eine Dreifach-Erlaubnis. Dort muss die Marine, die Hafenmeisterei und das Umweltministerium zustimmen. Erst dann darfst du offiziell mit den Tieren tauchen. Ich würde jedem Einsteiger außerdem raten, erst einmal tauchen zu lernen – erst wer das richtig kann, sollte über eine Kamera nachdenken.

Das Thema Umwelt und Plastik ist in aller Munde. Ist das auch ein Aspekt deiner Arbeit?

Sehr oft sogar! Es gibt Flecken auf der Welt, an denen die Umweltverschmutzung sehr stark ausgeprägt ist. Das hängt allerdings auch mit den Kontinental-Strömungen zusammen. Diese tragen den ganzen Plastikmüll, der im Meer gelandet ist, in fünf riesigen Strudeln zusammen. Um Mauritius herum befindet sich kein solcher Strudel. Daher sind die dortigen Gewässer sehr sauber und die Pottwale dort vermutlich relativ gesund. Im nördlichen Indischen Ozean ist allerdings einer dieser Strudel angesiedelt. Auch die Malediven sind von den Ausläufern dieser Strömungen betroffen und haben mit fremdem Plastikmüll zu kämpfen. Sehr schlimm ist die Verschmutzung in den asiatischen Ländern. Gerade in den vergangenen Jahren hat die Menge des Plastikmülls stark zugenommen.

Welche Rolle spielen deine Bilder bei der Bekämpfung dieser Probleme?

Eine der Organisationen, die ich unterstütze, ist die deutsche Haischutz-Organisation Sharkproject. Dort steht der Schutz von Haien im Vordergrund. Haie sind ein wichtiger Faktor im Ökosystem der Meere, da sie die Fische gesund halten. Dafür suchen sie sich gezielt nur alte und kranke Tiere, die sie fressen. Ohne Haie würden sich Krankheiten innerhalb der Fischschwärme explosionsartig ausbreiten. Darüber hinaus unterstütze ich die sogenannte Turtle Foundation zum Schutz der Schildkröten mit meinen Bildern und die Mama Earth Foundation, eine Mangrovenschutz-Organisation mit schriftlichen Beiträgen, um so für öffentliche Aufmerksamkeit zu sorgen.

Welches Equipment nimmst du mit unter die Wasseroberfläche?

Angefangen habe ich mit einer kleinen, wasserdichten Nikon. Um professioneller zu werden, habe ich mir zunächst eine Nikon F-801 mit einem Unterwassergehäuse geholt. Nachdem die Nikon RS auf den Markt kam, habe ich diese viele Jahre lang benutzt. Auf meinen Unterwassertouren nutze ich aktuell zwei Nikon D850. Eingebaut in das Kamera-UW-Gehäuse des professionellen Gehäuseherstellers Seacam kann ich alles schnell und unkompliziert bedienen. Und das muss ich auch: Abhängig von der Wassertiefe bin ich darauf angewiesen, mit einer Hand an der Kamera arbeiten zu können, um die nötigen Einstellungen vorzunehmen und schnell an die jeweilige Situation anzupassen. In der anderen Hand bin ich entweder mit meinen Blitzgeräten (mind. 2) oder LED-Leuchten ausgestattet, um für die nötige Helligkeit und einen Farbausgleich zu sorgen. Unter Wasser werden Farben mit jedem Meter weniger.

Welche Nikon-Objektive sind deine Favoriten?

Persönlich nutze ich das Nikon AF Fisheye-NIKKOR 16 mm 2.8 D, um möglichst wenig Abstand bei sehr großen Motiven zu erzielen. Ein geringerer Abstand bedeutet in meinem speziellen Fall weniger Wasser zwischen mir und dem Objekt, das ich fotografieren möchte und damit auch weniger Schärfeverlust durch Trübstoffe im Wasser. Für kleinere Tiere wie Haie nehme ich als Alternative auch gerne mal das AF-S NIKKOR 16-35 mm 1:4G ED VR. Meine Blende wähle ich dabei sogar eher geschlossener, um mehr Tiefenschärfe zu erzielen. Dank meinen Nikon-Kameras ideal, weil man dabei ohne Qualitätseinbußen einen höheren ISO-Wert verwenden kann.

Gerald Nowak ist professioneller Fotograf und spezialisiert auf die Unterwasserfotografie. Aus der internationalen Foto- und Tauchszene schon seit Jahren nicht mehr wegzudenken, gehört er zu den beliebtesten Tauch- und Naturjournalisten. Der Gewinner vieler internationaler Fotowettbewerbe und Stammfotograf von TAUCHEN publiziert regelmäßig in den bekanntesten deutschsprachigen Tauchmagazinen. Mit seinen Bildern unterstützt er Organisationen wie Sharkproject, Mama Earth und Turtle Foundation. Im Gegenzug wird er von einem der größten Tauchartikel-Hersteller unterstützt: Mares.

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