DER WELTENSAMMLER
Donnerstag, 06. September 2018
Wundersame Drachenbäume im Indischen Ozean, das Tor zur Hölle in Turkmenistan, die Mondlandschaften Ostafrikas, das kleinste Land der Erde, die gefährlichste Stadt der Welt … Gibt es etwas, das Michael Runkel noch nicht gesehen hat? Mag sein. Aber viel, so möchte man glauben, kann es nicht mehr sein.
Seit 30 Jahren reist Michael Runkel um die Welt – und hat seither alle 193 Länder der Erde besucht. In gut 1.000 der weltweit 1.285 Provinzen war der Nürnberger schon und zählt damit laut der Reise-Community Nomad Mania zu den zehn meistgereisten Menschen der Welt.
„Der Weg ist mein Ziel“, sagt Runkel, der ursprünglich gar nicht geplant hatte, die ganze Welt zu sehen. „Doch je mehr ich reiste, desto mehr wurde mir bewusst, dass viele der schönsten und interessantesten Orte jenseits der ausgetretenen Touristenpfade zu finden sind.
Bei der Wahl der Ziele orientiert sich Runkel häufig an der Welterbeliste der Unesco, aber nicht immer. Besonders reizen ihn Orte, die nicht im Fokus der Aufmerksamkeit stehen. Im Frühjahr 1993 reiste er als einer der ersten Ausländer nach Kambodscha zu den Ruinen von Angkor Wat. Damals ein nicht ungefährliches Unterfangen, denn die Sicherheitslage in dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Land war riskant.
Licht und Wetter bestimmen das Ziel
„Zu welchem Ziel ich mich von Fall zu Fall aufmache, hängt vor allem vom Wetter und den Lichtverhältnissen ab“, sagt Runkel, der die Eindrücke seiner ungewöhnlichen Reiseziele mit einer Nikon D800 dokumentiert.
Auf rund 2.500 Veröffentlichungen kommt der freie Fotograf pro Jahr. Viele der größten Agenturen für Reisebilder zählen zu seinen Abnehmern, hin und wieder fotografiert er auch Reportagen im Kundenauftrag. „Im Zweifelfall werde ich mich also immer für das schöne Wetter, die Blaue Stunde und frühen Morgen entscheiden, denn diese Bilder verkaufen sich einfach besser.“
Riskante Begegnungen
Sonnige Traumstrände und spektakuläre Panoramen reizen Runkel jedoch wenig. Als Teenager verschlang er die Romane von Karl May und sucht seither das Abenteuer. Immer wieder zieht es ihn an gefährliche Orte – und erlebte so manche heikle Situation. Als sein Boot in Zentralafrika kenterte, sah er sich vor seinem geistigen Auge schon im Rachen der gefräßigen Krokodile. Auf dem Bakara-Markt in Mogadischu, Somalia, dürfte er auf Geheiß seiner vier Leibwächter nur aus dem geschlossenen Auto fotografieren; selbst das einheimische Militär meidet diesen Ort.
2003 überlebt Runkel im Iran das verheerende Erdbeben von Bam, kann zehn anderen Menschen das Leben retten. Diese Grenzerfahrung haben Runkel verändert. Er ist dankbar für sein zweites Leben, wie er sagt, und sieht heute vieles entspannter als früher.
Unvergessliche Momente
Sieben große Weltreisen hat Runkel bislang abgeschlossen. Die jüngste zusammen mit seiner Frau, die er in der Antarktis kennenlernte, und der gemeinsamen Tochter, die 2015 geboren wurde und nur wenige Monate alt war. „Unser letztes Ziel vor dem Heimflug war die Heimat der Himba in Namibia. In dem Dorf, das wir besuchten, war unser elf Monate altes Baby eine Attraktion“, erzählt Runkel. „Nie zuvor hatten die Frauen dort ein so kleines weißes Kind gesehen. Die Begegnung wurde zu einem unglaublich intensiven Erlebnis.“
Zu Hause in Nürnberg berichtet Runkel gerne und häufig von seinen Erlebnissen rund um den Globus. Er unterrichtet Geografie und Fotografie an einem Gymnasium – und seine Schüler haben sich längst daran gewöhnt, dass ihr Lehrer zu jedem Land der Erde eine persönliche Anekdote erzählen kann.
BUCHTIPP
Seine faszinierendsten Geschichten und Fotografien hat Michael Runkel unter dem Titel „Meine Reisen an die Enden der Welt – Geschichten eines Globetrotters“ als Buch veröffentlicht. Der gut 208 Seiten starke Bildband kostet 34,99 Euro und ist im Verlag Frederking & Thaler erschienen.