7 TIPPS FÜR DIE WILDLIFE-FOTOGRAFIE MIT MARION PAYR

Donnerstag, 22. April 2021

Ihr liebt wilde Tiere, geht gern auf Pirsch oder Safari und fotografiert, was euch vor die Linse springt? Nach Safaris in Namibia, Sambia, Botswana und Kenia hat auch Marion Payr noch immer nicht genug davon bekommen. Die Reisefotografin und Bloggerin (besser bekannt als @ladyvenom) hat euch hier die wichtigsten Tipps für die Wildlife-Fotografie zusammengefasst. Denn zu lernen gibt es immer etwas, um seine Fotoskills noch weiter zu verbessern.

1. Objektiv-Wahl

Die Wahl des richtigen Objektivs ist entscheidend für Wildlife-Fotos. Je nach Tierart sind die begehrten Motive oft nur aus größerer Distanz zu sehen. Hier hilft ein Tele-Objektiv – Brennweiten mit 300 oder 400 mm sind hier oft das Minimum für interessante Aufnahmen. Da sich Tiere aber bewegen und die Distanzen meist schwer planbar sind, empfiehlt sich oft ein Zoom-Objektiv und im Idealfall sogar mehrere Bodys mit verschiedenen Brennweiten.

Auf meiner letzten Safari war ich mit dem NIKKOR Z 24–70 mm 1:2,8 S und dem AF-S NIKKOR 200-500 mm 1:5,6E ED VR unterwegs. So konnte ich sowohl Tiere in der Ferne als auch neugierige Wildkatzen direkt neben dem Auto fotografieren. Natürlich fehlte trotzdem zwischendurch auch mal die Brennweite 70-200 mm, am liebsten hätte ich also drei Bodys dabeigehabt, aber die Gewichtsbeschränkungen in Buschflugzeugen lassen das nicht zu.

Mein Tipp: Festbrennweiten nur verwenden, wenn die Distanz recht klar eingeschätzt werden kann oder man genügend verschiedene Objektive mitnehmen kann, um auf die Tiere zu reagieren.

2. Stabilisierung

Marion Payr auf Safari in Kenia.

Wie bekommt man nun richtig scharfe Tierfotos ohne verwackelte Resultate hin? Die 6-Achsen-Bildstabilisierung in der Z-Serie ist hier schon mal ein guter Anfang, aber gerade bei Tele-Objektiven und längeren Verschlusszeiten gelingt trotzdem nicht immer ein 100 Prozent scharfes Bild aus der Hand. Und dennoch bleibt nicht immer Zeit (oder Platz) für ein Stativ. In Safari-Autos sieht man deshalb oft Sandsäcke oder Fotograf:innen, die in den unmöglichsten Positionen fotografieren, um ihre Kameras irgendwo abzustützen. Die besten Autos sind seitlich komplett offen, sodass man am Boden liegend fotografieren kann. :-)

Ein Tipp, der mir – unabhängig von der Situation – geholfen hat, ist simple Mathematik. Wenn man eine Milchmädchenrechnung aufstellt und behauptet, von zehn Fotos sind zumindest zwei immer scharf (was natürlich so nicht stimmt, aber nur als Annahme), dann empfiehlt es sich auch tatsächlich, zehn und nicht nur fünf Fotos zu schießen. Also mehr ist bei Wildtier-Fotos oft mehr. Zehn statt fünf Fotos ist einfach eine Verdopplung der Chancen auf ein wirklich scharfes Foto. 

Mein Tipp: Tief einatmen, langsam ausatmen (nicht die Luft anhalten!) und währenddessen Serienbilder schießen. Kurze Verschlusszeiten helfen natürlich auch.

3. Focus Mode

Die Nikon-Z-Serie bietet ja mittlerweile den Eye Autofokus auch für Tiere und das lässt sich gerade bei Wildkatzen besonders gut einsetzen. So bleibt der Fokus auf dem Auge des Tieres sitzen – egal, wie es sich bewegt. Wichtig dabei: Auf jeden Fall den Modus AF-C wählen und nicht auf AF-S locken! Ansonsten kommt es beim Focus Mode auf die Umstände und auch eure Gestaltungswünsche an. Wenn ihr einen Vogel fotografieren wollt, der wegfliegt, dann empfiehlt sich ein großer Autofokusbereich und die Serienbildaufnahme. Bei Löwen, die gemütlich in der Wiese sitzen, kann man auf Single Point AF umstellen und so auch mal experimentieren, wo der Fokus sitzt – es muss ja nicht immer das Auge sein.

Mein Tipp: Je schneller die Tiere sich bewegen, desto größer müsst ihr den AF-Bereich wählen.

4. Scharfe Bilder

Zur Bildschärfe könnte man nochmal einen ganz eigenen Artikel schreiben – aber ein paar Grundregeln gelten immer. In der Wildtier-Fotografie braucht man manchmal Verschlusszeiten wie im Leistungssport. Für fliegende Vögel gilt 1/3.000 oder sogar 1/4.000 um die Bewegung vollständig einzufrieren. Wenn ihr das denn überhaupt wollt. Vielleicht wollt ihr ja sogar zeigen, wie sich die Flügel bewegen – dann heißt es: Verschlusszeit verlängern und experimentieren! Erfahrene Tierfotograf:innen bekommen ein Gefühl dafür, welches Tier sich wann wie schnell bewegt – aber das ist Übungssache.

Mein Tipp: Lieber auf Nummer sicher gehen und anfangs die Verschlusszeit etwas kürzer einstellen. Wenn ihr die scharfen Fotos im Kasten habt, könnt ihr beginnen, etwas künstlerischere Fotos zu schießen und mit längeren Verschlusszeiten zu experimentieren für ein paar “Blur on purpose” Shots.

5. Background Blur

Bei Tierporträts wünscht man sich oft einen sehr soften, verwischten Hintergrund. Um diesen hinzubekommen, gilt es ein paar verschiedene Dinge zu beachten:

  • Offenblende: Je größer die Blendenöffnung, desto besser. Wenn euer Objektiv f/1.2 oder f/1.4 zulässt. Bei Tele-Objektiven ist es oft eher f/2.8 oder F/5.6.
  • Abstände: Am wichtigsten ist der Abstand zwischen Motiv und Hintergrund. Sitzt der Leopard im Baum zwischen den Ästen und Blättern, wird es schwierig, diese unscharf zu bekommen – da sie auf derselben Ebene sind. Überlegt, wie ihr euren Blickwinkel ändern könnt, um möglichst viel Abstand zwischen dem Tier und dem Hintergrund zu bekommen.
  • Brennweite: Je länger die Linse, desto mehr Tiefenunschärfe. Gleichzeitig gilt aber – je näher ihr an das Tier kommt, desto mehr Tiefenunschärfe habt ihr. Diese Balance gilt es zu wahren. Es gilt also folgende Faustregel – je näher ihr (gefahrlos und ohne das Tier zu stören) an euer Motiv kommt, desto besser. Aber dabei solltet ihr trotzdem die längstmögliche Linse verwenden.
  • Get low: Bei Tieren am Boden heißt es die Perspektive soweit nach unten zu bringen wie möglich. Die dadurch entstehende Kompression macht den Hintergrund schön unscharf.

Mein Tipp: Je größer die Tiere, desto schwieriger wird das Unterfangen, den Hintergrund unscharf zu bekommen. Hier hilft es dann, Porträts zu schießen oder sich auf Details zu fokussieren, anstatt das ganze Tier abzulichten.

6. Bildausschnitt

Das bringt uns schon zum vorletzten Punkt. Überlegt euch vorab die Komposition, die ihr gern fotografieren wollt. Soll das Tier bildfüllend oder im Porträt oder als Teil einer Landschaft gezeigt werden? Entsprechend wählt ihr auch das passende Objektiv. In der Realität bestimmt dann tatsächlich recht oft das Tier das Motiv. Wildtiere lassen sich nun mal nicht dirigieren. Aber ihr könnt natürlich probieren eure Position entsprechend anzupassen oder aus verschiedenen Blickwinkeln und Abständen zu fotografieren.

Auf Safari heißt das: gute Kommunikation mit euren Guides und Fahrer:innen. Erklärt ihnen vorab, wie nah ihr an ein Tier ran möchtet oder von welcher Position ihr fotografieren möchtet oder welches Motiv euch im Kopf vorschwebt.

Dasselbe gilt übrigens für das Licht. Überlegt vorab, ob ihr eher im Gegenlicht fotografieren möchtet und euch auf die Silhouetten der Tiere konzentriert oder ob ihr das Tier gut ausgeleuchtet mit Licht von vorne abbilden wollt.

7. Post Production

Das RAW ist nun die perfekte Ausgangsbasis für eure Bildbearbeitung. Hier ist es natürlich Geschmackssache, wie viel ihr bearbeiten und verändern wollt. Von minimalen Farbkorrekturen in Lightroom bis zu komplett neuer Lichtsetzung mit Photoshop – das bleibt eurer Fantasie überlassen. Manchmal gibt es in Bildern störende Elemente, die ihr nachträglich noch retuschieren wollt. Das funktioniert mit dem Kopierstempel-Tool in Photoshop zum Beispiel sehr einfach. In meinem Beispiel hier seht ihr, dass die Giraffe eigentlich der Star des Fotos sein sollte, aber der Busch ihr die Show stiehlt. Ich habe ihn deshalb im Nachgang aus dem Bild wegretuschiert.

Mein Tipp: Die Augen von Tieren lassen sich auch in Lightroom sehr einfach hervorheben. Bei dem oben gezeigten Geparden-Foto habe ich dazu einfach mit dem Brush-Tool einen sichelförmigen Mond im Auge maskiert und die Temperatur erhöht (mehr Gelbtöne, da die Gepardenaugen von Natur aus orange sind) und den Bereich etwas heller gezogen.

Alle Tipps im Überblick: Wie gelingt das perfekte Wildlife-Foto?

  1. Objektivwahl: Festbrennweite oder Zoom, Weitwinkel oder Tele?
  2. Stabilisierung: In-Camera oder Stativ?
  3. Focus Mode: AF-S, AF-C, Single Point oder Eye Detection AF?
  4. Scharfe Bilder gewünscht: Verschlusszeit beachten!
  5. Background Blur: Offene Blende und Abstand zum Motiv
  6. Bildausschnitt: Landschaft oder Detail?
  7. Post Production: Das Meiste herausholen

Fazit zur Wildtier-Fotografie

Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber soll euch einige Anhaltspunkte geben, um eure Tierfotografie zu optimieren. Wie heißt es so schön: Man lernt nie aus. Aber dabei ganz wichtig: Ihr müsst jetzt nicht sofort alle Tipps auf einmal einsetzen. Zwei bis drei Tipps aus diesem Artikel kombiniert machen schon einen großen Unterschied und ihr werdet sehen, wie ihr euch Schritt für Schritt verbessert!

MEHR VON MARION PAYR

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